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  13. Ausgabe  
Ausgabe 13
Sommer 2007

Feste Feiern
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Inhaltsverzeichnis

Schöngeistinhalation

     Vom Vergnügen_ Khalil Gibran

Themenbad

     Kunstkristall
            Lyrisches und Prosaisches
  Lyrisches und Prosaisches
Friedrich Schiller
Jörg Neugebauer
Tanja Dion
Rose Ausländer
Mascha Kaléko
Steffen Roye
Helena Anhava
Franz Kafka
Eva-Maria Vollmar
Rusanna Valentinovna

Fotografien_ Daniela Incoronato, Anna-Katharina Frins
Zeichnungen_ Rebecca Blöcher


     Gedankenbahn
            Die Freiheit - als eine schöne Kunst betrachtet (1)_ Falk Strehlow

            Shabat - Von der Kunst, die Welt zu lassen wie sie ist_ Chaim Noll

            Die Freude und ihr Paradox (Auszug)_ Clément Rosset

     Sichtbarkeit
            Friss und stirb_ Else Buschheuer
 
            Martin Mlecko_ Die Dinge des Lebens
  Kay von Keitz zum Fotoprojekt von Martin Mlecko

            Vom Feiern aus der Perspektive einer Feiernden_ Tanja Porstmann
  Fotografien Angela Kröll

            Ostern in Acciaroli_ Daniela Incoronato
  Fotografien Daniela Incoronato

            Indische Miniaturen_ Ruth Liebich

     Begegnung
            In Worte gemalt_ Bildnis einer verlorenen Zeit
            Samuel Bak erzählt sein Leben - Kapitelauszug und
            Abdruck des Vorwortes von Amos Oz
            Malerei_ Samuel Bak

            Gefragt und geantwortet:
            Sieben Frauen und ein Mann zum Thema Feste feiern

            Fotografien_ Henriette Schulz-Molon

            Die WM der anderen_ Andreas Leimbach
            Fotografien_ Christian Frey

     Zeitschnitt
            Feste feiern im Spreepark_ Tobias Mosner
 
            Die Leidenschaft der Verwandlung
            Dionysos als Gott der Feste
_ Aeneas Bastian
 
            Gesang_ Tanja Dion
 
            Die höfischen Feste des Mittelalters_ Michaela Schröder
 

Naturpackung

            Magdalena Brandstötter

Verführungstrunk

            Vorsaison_ Stevan Paul
  Kulinarische Kolumne

            Dem Fröhlichen gehö-hört die Welt!_ Jochen Voit
  Musikalische Kolumne

Mysterium

            Die Feste fallen vom Baum der Zeit_ Florian Euringer
  Astrologische Kolumne

Hinterstübchen

            Hoch geschnürt und schwer behängt_ Juliette Guttmann
  Fotografie_ Corinne Janier




Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

wann haben Sie Ihr letztes Fest gefeiert? Wie wichtig ist Ihnen das Feiern? Was überhaupt ist das: "feiern"? Vielleicht ist die Frage banal, vielleicht aber auch Anreiz, genauer hinzusehen, Rituale zu erfassen, Details zu beachten, das Wesen zu erkennen.
Ob intim oder im großen Rahmen, periodisch, ritualisiert, geplant oder spontan, plötzlich und unvorhergesehen - das Feiern, das Fest bilden einen Rahmen, am Geschehen teilzuhaben, sich zu entäußern, mittendrin zu sein. Freude, Trauer, Überraschung, Liebe, Offenbarung, Bezeugung, Zeremoniell, Getriebensein, simple Feierlaune: im jeweiligen Rahmen ist der Raum gegeben, im Moment zu sein, sich je nach Betroffenheit, unter mehr oder weniger Formalisierung, Ritualisierung, Zwangsgebaren einzulassen und hinzugeben. Freiheit, Ausgelassensein, Überschwang, das ewige Spiel mit den Grenzen: das Feiern bietet per se die Möglichkeit, loszulassen, auszuufern, hinauszuschwappen. Nicht selten holt Beteiligte gerade hier der so bezeichnete Ernst des Lebens wieder ein.
Das Leben ein Fest? Im Sommer erscheint es dem einen oder anderen vielleicht leichter, die Frage mit ja zu beantworten. Es gibt aber auch jene, die sagen: jeder Augenblick ein Fest.
Die Hochzeit als Symbol und Akt der Vereinigung, das Leben gemeinsam zu gehen, in Freude und Verbundenheit, in Wahrhaftigkeit und Liebe. Ein Schritt, der mehr und mehr in bürgerliche Konvention gerann, bis er schnell wieder verzagte, als die schützende wie fesselnde Infrastruktur vom Menschen abzuschuppen begann wie eine zerschlissene Haut. Umso bedeutsamer die gemeinschaftlichen Feste, die menschlichen Zusammenkünfte, als Auffangbecken von Anonymität und Haltlosigkeit nicht selten scheinheilig gesucht. Freiheit? Ihr allzu lautes Vorhalten unter Selbstzweck schafft den gleichen Abhängigkeitsgrad wieder, dem man einst zu entkommen suchte. Der Freiheitsgedanke wird zum Dogma, zur Farce, zum eigenen Widerspruch gebracht.
Leben: vielleicht das schwerste Spiel auf Erden, ein Grund zum Feiern allemal. Nietzsche denkt Wahrheit als den Schmerz, der sich nach Erlösung im lustvollen Schein sehnt. Dies unter Rekurs auf die Griechen: in der Anbetung des Scheins hätten sie sich darauf verstanden, zu leben, aus Tiefe. Demokrit sagt es so: Ein Leben ohne Feste ist eine weite Reise ohne Gasthaus. Augustinus meint: Die Seele nährt sich von dem, worüber sie sich freut.
Und ich meine: mit dem Ja-Sagen können wir ja noch üben. Wohl bekomm's!

Tanja Porstmann


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